Bindegarne im Nest
© Storchenpflegestation Wesermarsch
Hilfe im richtigen Moment

Während der Versorgung der Jungstörche auf einem Bodenhorst im Freigehege, stellte ich fest, das sich ein Junges nicht so typisch bewegte, wie es eigentlich üblich ist.

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Deutlich erkennbar, das angeschwollene linke Bein
und der Fuß des Jungstorches am 6. Juni.

Eine Untersuchung vor Ort brachte schnell die Erklärung. Das linke Bein war direkt über dem Fuß vollständig abgeschnürt. Der linke kleine Zeh war ebenfalls betroffen. Der Jungstorch war durch die Fäden um sein Bein fest mit dem Nestboden verbunden und deshalb in der Bewegung eingeschränkt.

Wie konnte es dazu kommen?
Störche, aber auch andere Vögel tragen häufig neben natürlichen Polsterstoffen Plastikmaterialien in ihre Nester ein, die nicht für ihre Brutstätten geeignet sind. Vögel können die späteren negativen Folgen für sich natürlich nicht abschätzen.

Zu diesen künstlichen Materialien gehören unter anderem auch Bindegarne, Netze und Schnüre. Diese extrem widerstandsfähigen Kunststoffe, die nicht verwittern, legen sich zum Beispiel um die Beine der Vögel. Betroffen sind Altvögel gleichermaßen wie die Nestlinge.

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Durch die Stauung kurz vorm Platzen,
die Fäden werden entfernt. 6. Juni

Woher kommen diese Netze und Schnüre?
In der heutigen Zeit wird Heu und Stroh zu Ballen und Rollen gepresst. Damit es nicht wieder auseinanderfällt, werden maschinell Kunststoffnetze oder Bänder um diese Ballen gewickelt.

Wird das Heu später im Freiland an Schafe, Pferde oder Rinder verfüttert, bleiben die Kunststoffnetze und Bänder oft in der Natur zurück. Sind die Vögel auf der Suche nach Nistmaterial, nehmen sie neben natürlichen Stoffen, dann auch gern das weiche, künstliche Material zum Auspolstern für ihre Nester.

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9 Tage später am 15. Juni, erneuerte Haut,
die Einschnürung ist aber immer noch deutlich sichtbar.

Welche Folgen entstehen durch festgezogene Schlingen.
Die Abschnürung verhindert die Zirkulation des Blutes, die Einschnürung der Haut löst starke Ödeme und Verletzungen der Haut aus. In der Regel stellt man die Schädigung des Vogels erst dann fest, wenn Körperteile bereits abgestorben sind, oder der Vogel aufgrund der Beeinträchtigung verendete.

Bei der Nestreinigung im Frühjahr fanden wir bereits häufiger "angebundene" Jungstörche. Die von ihren Eltern im Horst mit Nistmaterial überdeckt wurden.

In diesem beschriebenen Fall konnte dem Vogel rechtzeitig geholfen werden, dies ist aber eher die Ausnahme. Ohne Hilfe wäre der Storch qualvoll verendet, denn ein Jungstorch mit einem abgestorbenen Fuß kann nicht überleben. Durch die Wundversorgung und das Entfernen der Schlingen in diesem Fall, heilte die Wunden vollständig wieder ab, sodass der Jungstorch im Alter von 8 Wochen unbeeinträchtigt auf zwei gesunden Füßen sein Nest verlassen konnte.

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Beringung am 6. Juli, der größere Storch links im Bild
hat es trotz seines einst abgeschnürten Beines geschafft.

Jungstörche können, wenn sie sich in Kunststofffäden verfangen haben, häufig nicht aufstehen oder bewegen sich nur eingeschränkt und untypisch. Bei auffälligen Verhalten den Vogel unter diesem Gesichtspunkt beobachten.

 

Prävention:
Netze und Bindegarne vor der Verfütterung entfernen und alte Reste, die an den Fütterungsstellen liegen, einsammeln und stets so entsorgen, dass sie für Haus- und Wildtiere keine Gefahr darstellen.

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Rundballen werden durch feinmaschige Netze zusammengehalten.

Reste eines Kunststoffnetzes an einer Fütterungsstelle,
nachdem das Heu aufgefressen wurde.
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